Das Variometer Picolario talk von Renschler
Mein Exemplar des Picolario ist 2015 schon 10 Jahre alt. Obwohl es - und erst recht die neueren Modelle - immer noch ein sehr gutes Gerät ist, habe ich es durch entsprechende Multiplex-Telemetrie in jedem meiner Modelle ersetzt, zum Beispiel im Brummi. Mein Urteil über die Telemetrie dort ist positiv, macht aber das Urteil hier nicht weniger positiv. Diese Seite hat also nicht nur historischen Wert:
Das Picolario talk ist ein recht teures (299 Euro ohne Zubehör), aber auch hochwertiges Variometer mit zusätzlichen Funktionen. Natürlich ist es für Modelle gedacht, mit denen man irgendwie Aufwinde in Thermik und am Hang ausnutzt. Das sind normalerweise große und selbst teure Segler, aber warum soll man in einfacheren und billigeren Modellen wie Thermik-Star, Pedro oder sogar Brummi nicht auch ein Variometer einsetzen? Der Nutzen des teuren Gerätes ist ja nicht auf teure Modelle beschränkt, und man kann es leicht von Modell zu Modell umsetzen.
Gebaut wird das Picolario von Renschler in Stuttgart und verkauft und betreut von Thommys Modellbau in Owen an der Teck. Es wiegt mit Kabel nur 24 g und verbraucht nur zwischen 38 und 43 mA Strom. Es ist modular aufgebaut, aber in einer dünnen Hülle zu einer Einheit zusammengefaßt und mit Klettband montierbar. Es wird nur mit einem Kabel an einen Servoausgang am Empfänger angeschlossen. Kommt man im Modell nicht mehr an das Gerät heran, braucht man noch ein zweiadriges Kabel mit Brücke oder Taster. Damit wird das Picolario eingestellt, und man kann Informationen damit abfragen.
Im quaderförmigen linken Teil des Gerätes steckt ein Sender für das freigegebene 433 MHz-Band. Der helle 'Schlauch', der dort aus dem Gehäuse herauskommt, ist die recht kurze Antenne. Das Picolario sendet alle Informationen als Ton, so daß man ein Standard-Funkgerät (Low Power Device LPD, möglichst mit Ohrhörer) verwenden kann und während des Fliegens nicht auf eine Anzeige schauen muß.
Im flachen rechten Teil des Gerätes befindet sich das eigentliche Variometer, zugänglich über eine Steckerleiste ganz rechts. Außer der Elektronik enthält es einen Drucksensor unter der linsenförmigen Ausbuchtung, in die ein kleiner Silikonschlauch den Luftdruck leitet. Hier könnte wohl eine Düse zur Totalenergie-Kompensation (TEK) angeschlossen werden, aber das brauche ich nicht. Der Schlauch hängt lose im Modellinneren herum und nimmt den dortigen Luftdruck auf. Wenn das Modell Kühlluftöffnungen vorne am Motor hat, sollte man für große Abluftöffnungen sorgen, damit der statische Druck gemessen wird und nicht der dynamische.
In der Mitte des Gehäuses ist ein vierstelliger DIL-Schalter, mit dem einer von 16 Kanälen des 433 MHz-Bandes ausgewählt werden kann (bei meiner älteren Version sind nur 16 der möglichen 138 Kanäle wählbar). Darauf ist auch das Funkgerät zum Abhören einzustellen. Mit dem blauen Taster kommt man in den Einstellmodus und dort von Parameter zu Parameter. Nach einem Flug kann man erreichte Flughöhen damit abfragen. Ist der Taster im Modell nicht erreichbar, wird ein Kabel mit Taster angeschlossen.
Über das Kabel zum Empfänger wird das Picolario mit Strom versorgt. Mit einem Schalter am Sender kann man es zudem umschalten zwischen 'Ruhe', Variometerton mit gestaffelter Höhenansage (z.B. alle 50 m) und Variometerton mit regelmäßiger Höhenansage (z.B. alle 20 sec). In jeder Schalterstellung sagt das Gerät die Versorgungsspannung an, sobald diese sich um 0,1 V ändert, und warnt bei Funkstörungen mit der Ansage "Achtung".
Die Sprachausgabe mit einem Sprach-Synthesizer ist das Besondere am Picolario, deshalb heißt es 'mit Beinamen' talk. Der kostspielige Synthesizer ist für ein Variometer eigentlich nicht nötig, denn Steigen oder Sinken des Modells wird durch hohe oder tiefe Töne angezeigt, die mit einfachen elektronischen Schaltungen erzeugt werden können. Das Picolario ist aber gleichzeitig ein Höhenmesser, muß also einen absoluten Wert angeben und nicht nur seine Veränderungsgeschwindigkeit. Manche Geräte übertragen die Höhenwerte digital codiert und brauchen beim Piloten einen Empfänger mit Zahlenanzeige. Das Picolario talk codiert die Höhenangaben eben als Sprache.
Es gibt eine weitere Erklärung für den hohen Preis. Der Sensor im Gerät mißt den statischen Luftdruck, der sich mit der Flughöhe nur wenig ändert. Der Sensor muß also sehr genau messen, eine hohe Auflösung haben, und das macht ihn teuer. Übrigens ist die Variometerfunktion nicht nur einfach in einen Ton umzusetzen. Es ist auch einfacher, sie aus der Luftdruckveränderung abzuleiten, als aus dem Luftdruck die Flughöhe abzuleiten. Dazu ist nämlich vor jedem Flug eine Kalibrierung am Boden erforderlich, weshalb auch die Flughöhe relativ zur Starthöhe gemessen (errechnet) wird.
Das Picolario funktioniert aber unter allen Umständen problemlos. Es hilft schon sehr, wenn man auch leichte Vertikalbewegungen des Modells bemerken kann, besonders wenn dieses weit entfernt fliegt. Ich lerne eigentlich erst mit dieser Hilfe das Thermikfliegen. Die Höhenangaben helfen, kontrollierten Luftraum zu meiden (als 'richtiger' Flieger achte ich darauf) und das Modell nicht gar zu hoch kommen zu lassen. Die Flugsicherheit wird aber auch noch durch die Überwachungsfunktionen verbessert. Ich war ganz überrascht, als das Picolario im Pedro auf starke Einbrüche der BEC-Spannung aufmerksam machte. Und im gleichen Modell wurde der Empfänger The Brick häufig vom Antrieb und von außen gestört. Wenn man das erst einmal weiß, kann man auch für Abhilfe sorgen.
Das Picolario überträgt in geringem Maße Störgeräusche vom Motorsteller. Es verursacht auch selbst geringe Funkstörungen. Eine Lage im Rumpf zwischen Empfänger und Motorsteller (und evtl. Kreisel) minimiert aber alle Störungen, so daß sowohl der Empfänger unbeindruckt bleibt als auch die Sprachausgabe des Picolario nicht mehr rauscht als normal. Im Ohrhörer des Funkgerätes hört man zwar ein leichtes Rauschen, empfindet es aber nicht als störend. Ein Beispiel konnte man sich auf der Picolario-Website früher selbst anhören.
Ein sehr gutes Stabo XP 400 kostete mit speziellem Ohrhörer übrigens 100 Euro bei Thommys Modellbau. Das ist auch nicht wenig, und das Gerät hat sicher Funktionen, die man nicht unbedingt braucht. Billigere Geräte haben aber nicht nur weniger Funktionen, sondern auch schlechtere Empfangs- und Tonqualität. Das Funkgerät klemmt man sich beim Fliegen an den Gürtel und den Ohrhörer ins Ohr. Rauschunterdrückung und Lautstärke werden eingestellt, dann kann das Modell gestartet werden. NiMH-Akkus sind mit ihrer Spannungslage und Kapazität ein guter Ersatz für Alkali-Batterien und lassen sich mit einem geeigneten Ladegerät auch an der Autobatterie aufladen (reichen aber einen ganzen Flugtag).
Sollte das Modell einmal entflogen und z.B. in einem Maisfeld gelandet sein, kann man das Picolario anpeilen und so das Modell finden. Dazu braucht man ein Funkgerät mit Feldstärkeanzeige und eine Antenne mit Richtwirkung (Peilantenne), die statt der kurzen Stabantenne auf das Funkgerät geschraubt werden kann (zwei Vorteile des XP 400). Richtantennen sind nur leider nicht erlaubt... (Aber vielleicht reicht auch die Stabantenne.)